7
Aug
2017

Schule der 16

Schule der 16:

Klassenstärke: pro max. 16 Schüler / 1 Lehrer

Malteser Social Day: Schönere Schulen durch soziales Engagement der Investmentbanker

Fortbildung für Eltern/Erziehungsberechtigte

Deutsch-Kommunikationskurse (Kindergarten bis Abitur)

Täglich 16 Minuten Aggressionsabbau-Training: Musik / Rollenspiel / Qigong

Schulleitbildverpflichtung: Demokratie / Menschenrechte / Gleichberechtigung / Medientage

Ethik (Glücksforschung) für alle

Talentförderung /Astrophysik für Mädchen/ AbiBac / Hauswirtschaft für Jungen / Schulhausroman / Lachen befreit

Internationales Schulaustausch-Projekt / Internet- AG: „Welt der Zukunft“

1
Mai
2017

in short / in diesen zeiten sag nein (rose frei nach borchert)

in short / in diesen zeiten sag nein (rose frei nach borchert)

du. Polizei-Armee. wenn sie dir befehlen, gewaltsam gegen mündige und aufgeklärte vorzugehen, die friedlich ihr recht und glück erkennen: sag NEIN!

du. Regierung. wenn dir die wirtschaftslobby lukrative militärschläge oder klima-, flüchtlings-, feinstaub- und handelsabkommen gegen jede menschlichkeit und vernunft diktiert: sag NEIN!

du. Investmentbank. wenn sie dir befehlen, eine gute hure zu sein: sag NEIN!

du. Kultur. wenn neureiche die kreativität der avantgarde ausbremsen, weil ihnen einzig ihre bildungsarme trophäenjagd heilig ist: sag NEIN!

du. Sport. wenn diskriminierend und unsolidarisch für korrupte spiele gekämpft wird: sag NEIN!

du. GeschichtsWissenschaft. wenn fakten gezielt vernichtet werden: sag NEIN!

du. Weltbürgertum. wird die meinungs- und pressefreiheit beschnitten, dein leben wie kaltes glas durchleuchtet und deine privatsphäre grund- und würdelos als öffentlicher raum missbraucht: sag NEIN!

du. Agrar-Lobby. verteidige die natürliche vielfalt. wenn dir in der schlacht um das gentechnisch manipulierte saatgut die aggressive regulierung aufgetischt wird: sag NEIN!

du. Extrem. gewalt ist dein fahrschein zur hölle. wenn dich der zug erfasst: sag NEIN!

du. Bildung. wenn dich medizin, religion und industrie versklaven: sag NEIN!

du. Weltvision. wenn antidemokraten, die noch eine rechnung offen haben, als egomanische entscheidungsträger an machtpositionen, patente und pipelines gelangen: sag NEIN!

du. Erde. wenn daten über erderwärmung, elektrosmog und bienensterben manipuliert werden: sag NEIN!

du. Gewissen. wenn sie dich kaufen, um unschuldige zu belasten: sag NEIN!

du. Herz. übe dich in barmherzigkeit. die welt braucht deine LIEBE LOVE AMOR

24
Mrz
2017

feeling europe neo / new world order

Eros II

L`inconnu, c`est l`amour. Ce qui nous est devenu étranger, c`est
l`amour. C`est l`étranger en nous-mêmes.

Das Fremde ist die Liebe. Was uns fremd geworden ist, ist die Liebe.
Das ist das Fremde in uns.


FEELING EUROPE NEO / We Raise A New Flag / (Kurzform)

Ich glaube an Europa
Die mit der weiten Sicht
Die erneuerbaren Energien
Die Gemeinschaft der Kulturen

Inmitten von Antarktika, Amerika
Australien, Afrika und Asien
Steht Freiheit in Europa
Für Zusammenhalt

Ich glaube an die Idee
Von Menschlichkeit
Frieden mit Zukunftsinnovationen
Und das Überwinden der Schulden

Denn Europa
Deine edlen Werte
Bewahren die Kinder unserer Welt:
Dein und mein zukünftiges Gesicht
Richtung Glück

FEELING EUROPE NEO / We Raise A New Flag

01feelingeuropeneobymelsros


NEW WORLD ORDER ROULETTE


Wenn die Kirchen brennen
Für Cash `N Sex
Sind die Reichsten uneins
Über Klima und Pipelines
In der Filmbotschaft
Der Geheimwirtschaft
Köpfen Schwerter
Für getürkte Spiele
De-mo-kra-ti-en
Ohne moderne Werte
Morden fremde Söldner
Bis zum Entvölkern

Europa, steh auf!

Wenn deine Kinder brennen
Für False Flag `N Oil
Liegt die Freiheit in Ketten
Egal, durch welche Betten
Spielt China nett Russisches
Roulette im Schlussverkauf
Von Hollywood mit
Manipuliertem Patentschutt
Für Prunkpaläste
Der Diktatoren
Galane, die wie
Gladiatoren
In gestohlener Erde
Zum Hohn der Hungergebärde
Mit Bankendienern
Freundschaft verminen

Europa, steh auf!

In der neuen Ordnung
Stehen dir dann allein
Kalte Küchen offen
Wo vereinzelt noch
Fern von Goldpeitschen
Und Blutgeld
Nicht erst seit Waterloo
Unbeobachtet
Liebende hoffen

Europa, steh auf!

Wenn enttarnte Tycoone
Bei einem warmen Essen
Für die humane Lesson
In Share `N Compassion
Brennen, werden Kulturen
Von Erpressbaren
Zu Mangelwaren

Steht Europa auf


***


Ich glaube an Europa
Die Frau mit der weiten Sicht
An Eurasien, den Kontinent
Die erneuerbaren Energien
Die Gemeinschaft der Kulturen

Und an meine europäischen
WeltKulturOrte
Wien, Calais, Rom, Berlin, Amsterdam
Riga, Barcelona, Basel, Maidan, Paris
Riace, London, Noma, St. Petersburg
Sarajevo, Sopron, Stradun, Avalon
Lissabon, Oslo, Ljubljana, Grimsey
Prag, Krakau, Nida, Temeswar, Gent
Andorra, Istanbul, Sagres, Mons, Elbrus
Lampedusa, Rouffignac, Durmitor, Näs
Rhein, Donau, Olymp, Mt. Blanc, Melilla ...

Ich fordere und fördere
Meine kreativen Vertreter
Gewählt mit europäischem Esprit
Gewachsen durch
Unerschütterliche Vielfalt
Kultiviert, entdeckt und umsorgt
Abgesunken in das weltweite
Reich von Banken
Täglich auferstanden
Aus den Krisen
Fest verankert
In der Welt

Ich baue auf
Unsere Wirtschaftsweisen
Inmitten von Antarktika, Amerika
Australien, Afrika und Asien
Steht Freiheit in Europa
Für Zusammenhalt


Ich glaube an die Idee
Von Menschlichkeit
Shakespeare, Bach, da Vinci, Scholl
Linster, Ibsen, Heine, du Châtelet
Kandinsky, Stojka, Voltaire, Canetti
van Gogh, Le Clésio, Ligeti, Leibniz
Picasso, Bergman, Reed, Aristoteles
Kafka, Curie, Marías, Cioran, Dante
Wajda, Händel, Kant, Goethe, Nurejew
Tabori, Mozart, Wenders, Bruckner
Hildegard, Sväng, Nightingale, Humboldt ...
Respektvolle Bildung für alle
Soziale Gerechtigkeit
Frieden mit Zukunftsinnovation
Und das Überwinden der Schulden

Denn Europa
Deine edlen Werte
Wahren die Kinder unserer Welt:
Dein und mein zukünftiges Gesicht
Richtung Glück

unitybymelsroseP8011212


NEW FLAG /
pic: Wanderer im Meer II & III. (Olympus); Frankfurt "Holy" (Sony)

sometimes you just add one name, one place ... in order to feel home.




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2
Mrz
2017

Canadian Cuts: Halifax* / Ice Cider

SWISS CUTS / Canadian Cuts: Halifax* / Ice Cider ( Der Tod des Botschafters)

Wenn Menschen sterben, fragst du nicht ... wo die Diamanten geblieben sind.


bymelsrose



Es ging ja alles durch die Presse.
Der Leuchtturm in Schweizer Farben bei den malerischen Hummerkörben wurde wie ein Wahrzeichen tausendfach fotografiert. Genau da lagen die Toten der Titanic und Mutter lebte seither nie mehr allein.
Wer kannte nicht den Friedhof von Peggy`s Cove? Wie oft träumte ich von diesen Wasserleichen: 1912 versunken am Eisberg, so hatte sich JP Morgan das Ende einer Jungfernfahrt bestimmt nicht vorgestellt ... und ausgerechnet dort ging deine Maschine runter, am friedlichsten Ort der Welt.
Marie hatte ihre alten europäischen Zelte am Genfersee fast komplett abgebrochen, das Haus sollte sowieso abgerissen werden. Ironie des Schicksals, irgendwie war sie sowieso am Packen. Das alte Bauernhaus mit dunkler Holzstube und jahrhundertealten Planken hatte sie schnell und reibungslos weiterverkaufen können, ohne dich machte der Umzug in das große Ding im Jura sowieso keinen Sinn mehr. Jetzt saß sie stattdessen in einem kleinen, alten Hafenhaus und stieß jeden Abend mit Ice Cider auf ihr neues Leben an. 19 Jahre sind eine Geschichte, die man nicht so einfach ablegen kann, egal, woran sie kaputt ging. Und heute weiß ich nicht mehr, was wir überhaupt noch wissen können.
Marie wurde jedenfalls erst hier im kanadischen Hafen zur fürsorglichen Vermieterin. Die ersten Tage stellte sie jedem neuen Gast Glühwein in einer Thermoskanne vor die Tür, damit man etwas hätte, wenn man vom Meerschauen zurückkam. Aber Nils trank nie. Er hatte ungefähr mein Alter, zumindest wirkte er so. Nils schrieb mir, er hätte sich Urlaub genommen und in diesem besonderen Fall machte niemand Probleme. Er stand täglich auf den Klippen und schaute hinaus aufs Meer. Selbst wenn er einen Elch sah, schien ihn die Beschaulichkeit nicht zu bekümmern, aber Marie wollte anfangs noch nicht mit ihm reden. Sie konnte nicht so schnell von fremd auf frei umschalten, warum sollte sie das auch. Sie kümmerte sich um internationale Gäste, nicht nur im Indian Summer, der seit ewigen Zeiten unsere Seelen fing.
Mutter spürte wohl schon länger keine Tränen mehr und Nils wusste auch, dass er dich dort an der rauen Küste nicht finden würde. Dennoch zog es ihn unentwegt zu den Wellen in der Nacht. Immer zur gleichen Zeit. Meist ging er leicht gebückt, immer mit verknotetem dicken Schal. Die kleine Wohnung reichte ihm, die Touristen waren meist aus dem kleinen Fischerhafen abgezogen ... und er versuchte zu landen, wenngleich er noch nicht zu wissen schien, wo das sein könnte, sein neues Land ... Manchmal, wenn es nicht zu stürmisch wurde, setzte er sich auf die breiten flachen Steine. Eine Wolldecke hatte er immer im Rucksack dabei. Manchmal hängte er sie einfach um die Schultern ... oder gleich über den ganzen Kopf. Überhaupt fiel es ihm sichtbar schwer sich aufzuwärmen. Die innerliche Kälte folgte ihm wie ein treuer Schatten.
Woher kanntet ihr euch? Nils hatte mir Briefe geschickt, aber wer konnte sagen, ob es wirklich deine waren? Ich hatte Marie gesagt, mach dir keine Gedanken, Ma, das will der nur, euch auseinanderbringen, das ist die Masche, glaub ja nicht, was du liest, das passt alles nicht zu dir, so warst du nie, Menschen sind zu allem fähig. Da du Marie immer gesagt hat, ich will nur, dass du glücklich bist, glaube ich längst nicht mehr allen, die sagen, sie hätten uns in ihr Herz geschlossen.
Die gute alte Tilla war so ein letztes Überbleibsel an vertrauenswertem Urgestein von Nova Scotia. Mit weit über 90 wurde sie dann doch zu schwach für B&B, so hatte sie schließlich Marie ihr buntes Haus in der Bucht vererbt, wie ein Geschenk für einen jahrelangen Gast ... oder eine neue Aufgabe gegen die treue Trauer.
Durch meinen Kopf geistern immer noch Zahlen: 1998 auf der Expo waren Ozeane wieder Hauptthema, Frankreich wurde zum ersten Mal Fußballweltmeister, die Potenzpille veränderte das Standvermögen, die EZB wurde gegründet ... und ein Pilot wollte im steilen Sinkflug Leben retten; ich wollte damals gerade in Paris mit meinem Studium beginnen und wünschte mir vor 19 Jahren wirklich, dass du einmal stolz auf mich wärest.
Nachts um halb vier beginnen manchmal meine Beine zu zittern. “Pan, Pan, Pan“. Was kann ich dafür, dass ich damals auf die Idee kam, den Fernseher anzustellen, was ich sonst nie mache.
Wieso fand ich CNN? Wieso musste ich das sehen?
Ich bin einfach aufgewacht. Ich war hellwach und wusste nichts besseres, als den Fernseher anzustellen und habe das Wasser gesehen ... und war so weit weg. Ihr seid einfach weg. Über 200 Menschen. Ich bin aufgewacht, als ihr gegangen seid. Der Spruch, da hast du wieder was an Land gezogen, schien mir, seit du weg bist, nie mehr ein Gewinn zu sein ... und Mutter hatte das Unterrichten aufgegeben. Geschichte und Politik blieben fortan ihre Privatsache.
Wir wussten wie immer nur, dass du wieder mal mitten in einer Recherchetour stecktest, aber wir hatten keine Ahnung, worüber deine Textarbeit diesmal ging. Du hattest aus deiner Arbeit und deinen Reisen nie viel Wind gemacht. Verschollenes konntest du gut ans Licht bringen. Nils blickte zu dir aufs Wasser wie getunnelt ... und ich beobachtete die gierig kreischenden Vögel. Die Teile schwammen an der Oberfläche, sie wurden abgefischt, kleine Stofftiere, Computertaschen, Kleider, und Nils sah überall dazwischen Erinnerungen an dich treiben. In manchen Zeitungen las man von abgetrennten Armen, Beinen, Köpfen, alles, nichts, was es nicht gab, verschluckt vom Meeresboden. Sie schickten einen mächtigen Meeressauger, ein niederländisches Containerschiff mit einer großen Saugmaschine, die den Meeresgrund durchwühlte, um nichts unversucht zu lassen, wenn es um Ursachenforschung ging. Die Ursachen müssten endgültig geklärt werden, damit so etwas nie wieder passieren könne.
Sie sprechen immer noch von einem endgültigen Beweis. Ich habe es bis heute nicht geschafft, für ein Jus-Studium den Kopf komplett frei zu kriegen. Seit es dich nicht mehr gibt, sichern mir stattdessen Online-Beschwerde-Briefe ein sicheres Einkommen. Sehr geehrte Geschäftsführung! Handeln Sie! Zeigen Sie mir, dass Sie Kundenanliegen mit einem "Wow-Effekt" zu einem zeitnahen, konstruktiven, kulanten und zukunftsorientierten Abschluss bringen können! Freundliche Grüße.
Marie sah ich immer im Dezember, sonst hätte sie mich wahrscheinlich enterbt. Nach Europa kam sie nicht mehr, als ob sie die weite Reise innerlich zu sehr erschüttern könnte. Sie blieb lieber, wo sie jetzt war. Was nicht hieß, dass sie überhaupt nicht reiste, aber sie vermied es, Meere zu überqueren ... und selbst die Schweiz war ihr zu unsicher. Kein Mensch konnte sich bisher ernsthaft vorstellen, dass im CERN etwas unkontrollierbar würde. Kleine regionale Betroffenheit, kleines technisches Intermezzo, wer glaubt schon Nostradamus, Genf geht nicht unter. In der Schweiz geht so was nicht. Im CERN wurde 1993 das Internet** offiziell freigeschaltet. Die Schweiz kennt sich aus mit Kontrolle. Ein Schweizer Botschafter stolpert nicht so einfach vor einen Zug ... beim Heimaturlaub... Die Zeitungsnotiz über den angeblichen Unfall in Sion, kurz nach deinem Absturz, hatte ich aufgehoben.
Nils wirkte durch meine Brillenträgerokulare betörend bescheiden ... und ich hielt eher ihn als dich für die Ursache meiner Zweifel. Auf den Klippen schien ihm weniger kalt zu sein, ich konnte ihn vom Fenster aus beobachten.
Marie war froh, dass es in der Bucht geschah und nicht auf dem offenen Meer. Sie hatte das Gefühl, das Wasser wiederzuerkennen am nächsten Tag, und am übernächsten, und so ewig weiter. Sie wünschte sich, den Wellen Namen zu geben, Farben zu geben, um sie von den fremden neuen, die dich noch nicht kannten, unterscheiden zu können, als ob sie Angst hätte, dass jede neue Welle unsere Erinnerung wegspült, bevor wir dafür bereit sind. Jeder hier in der Bucht hörte unweigerlich von dem Angebot, mit einem Boot hinauszufahren, so in etwa an die Stelle, wo es passierte. Die Versicherungen wollten das nicht übernehmen ... und es drohte schon zu platzen. Mitarbeiter vom Care Team machten es trotzdem möglich. Einige hatten Blumen ins Meer geworfen, es gab ein kurzes Gebet und eine Musikerin schlug eine Trommel, dann war alles wieder still. Juden, Christen, Muslime, Frauen, Männer, Kinder, Nils und Marie, sie saßen alle in einem kleinen Boot und hingen mit ihren Gefühlen irgendwo in der Mitte zwischen Himmel und Wellen fest, gedanklich verklebt zwischen intelligent vermeidbarer Katastrophe und unausweichlich gnadenloser Bestimmung. Das war das letzte Mal, dass Marie mit einem Schiff hinausfuhr.
Wieso sind sie nicht sofort runter, als etwas an Bord nicht mehr normal funktionierte? Wer brachte fremdes Material an Bord, das dort flugzeugtechnisch nicht hingehörte? Wie kam geschmolzenes Aluminium auf den Pilotensitz? Und Unmengen Magnesium, das allgemein bekannt und so genial für einen Brandsatz taugte? Oder was hat euch beschossen? Warum konnten Kabel im Unterhaltungssystem so einfach brennen und Isolationssysteme killen? Welche Energie vom Boden hat bei euch oben die Bordelektronik zerstört? Warum quälten mich manche Fragen mehr als andere? Warum gibt es kein Gesetz, dass Flugzeuge sofort landen können, wenn es etwas gibt, das nicht normal ist? Wieso schwimmen Flugzeuge nicht auf dem Wasser, fragte ein kleiner Junge, dessen Vater mit dir im selben Flugzeug saß, als wir im Hangar die Wrackteile besichtigen konnten. Ist das das Flugzeug meines Vaters, fragte er die Ingenieure. Warum sind das so viele winzige Teile, wollte er wissen. Um das herauszufinden, dafür sind wir hier, antwortete ihm ein Sachverständiger mit traurigen Augen. Ich konnte mich nur an traurige Augen erinnern. Ich konnte Nils nicht in die Augen sehen. Ferngläser sind eine prächtige Erfindung.
Wo liegt der Sinn, die Frage kam zu mir und ging nur schleppend. Als ob eine ganze Schar von euch zusammen abgezogen wurde, weil ihr wichtigere Aufgaben zugeteilt bekommen solltet. Auf Erden in Ehren ausgedient und nun weiter in höheren Sphären verpflichtet. Wie jeden Abend, wenn Marie am Meer stand, überfiel sie plötzlich Dankbarkeit, dass es dich in unserem Leben überhaupt gab.
Wäre ich reich, ich würde diese James-Bond-Amphibienflieger bauen lassen und zum Standard machen für interkontinentale Flüge.
Nils wird vielleicht irgendwann die Küste hier verlassen und genauso abtauchen, wie er mit dem Absturz in unser Leben prallte, unvermutet und ziemlich ruckartig. Vielleicht war er der Bombenbastler und kannte deinen Namen nur aus der Presse und bestaunte hier unerkannt sein Werk ... Ich versuchte mir mit unleserlichen Kritzeleien den Anteil Mut an seiner Reue auszurechnen. Jeder krallt sich daran, was ihm gut tut.
Irgendwann werde ich bereit sein, Nils Briefe, seine Mails samt Laptop, einfach ins Meer zu werfen. Ich will, dass die Briefe bei dir sind ... und dass sie für immer vergehen ... und nur ihr beide kennt den Grund. Danach werde ich mich besser fühlen. Die Liebe ist kein Pullover, den man sich einfach überziehen kann ... und dann passt das schon. Liebe muss von innen nach außen wachsen ... und das braucht Zeit.


Über die letzten sechs Minuten gab es keine Aufzeichnungen, sagten die Ermittler. Die Black Box hatten sie nach Monaten gefunden, aber die letzten sechs Minuten fehlten. Du hattest die Schwimmweste unter deinem Sitz hervorgezogen, wie du es tausendmal im Demovideo gesehen hattest, du hattest schon gar nicht mehr hingeguckt und nie gedacht, dass es irgendwann mal ernsthaft dazu kommen würde. Du hattest die Schwimmweste angezogen und dann gingen wohl schon die Lichter aus. Ich wollte es mir leicht machen. Es war alles schwarz, oder vielleicht hattest du ein bisschen Licht an der Küste gesehen? Vielleicht hattest du im Flugzeug gerade einen Abschiedsbrief geschrieben? Vielleicht lag auch dieser Brief in deinem Computer ... unveröffentlicht ... im Meer ... und verflüchtigte sich, weil seine Worte zu schwer waren, nur langsam. Vielleicht hatte es euch nie gegeben? Vielleicht wollte sich hier nur ein Nobody wichtigtun, weil es eine gute Möglichkeit war, einmal Im Leben in die Schlagzeilen zu kommen, so geschmacklos das klang, jetzt, wo du für immer weg warst? Dein letztes Buch über das Spiel mit der Angst im Kalten Krieg wurde ein Bestseller. Jetzt wussten alle, dass die Russen damals nie hätten angreifen können, der Eiserne Vorhang war eine geniale Rechtfertigungs-Inszenierung. Fast wie im Irakkrieg. Alles fast wie immer. Beginnen wir den Krieg mit einer Lüge.
Deine vorletzten Recherchen drehten sich um Monsterbanker, mehr weiß ich bis heute nicht. Ich wusste auch nicht, ob Nils wichtig war. Ob Sohn oder Lover, was spielte das jetzt überhaupt noch für eine Rolle. Was Marie wirklich über euch wusste. Wer hier was seit wann von wem wusste. Wer sich für die Fracht interessierte. Sie hatten uns um Blut- und Haarproben gebeten. Sie hatten ein Computerprogramm entwickelt, weil noch nie so viele DNS-Proben auf einmal verglichen wurden. Sie nannten das eine traurige Aufgabe. Gentechniker stellten DNS-Übereinstimmungen fest. Die sterblichen Überreste, Leichenbestandteile, Teile, sie wurden gewaschen. Vom Meer gewaschen. Erst wurden sie gewaschen, dann gekühlt. Und tiefgefroren. Bevor sie ins Institut überführt wurden, sortierte man sie der Größe nach. Sie wollten doch so schnell wie möglich einen Totenschein. Und ohne eine sicher identifizierte Leiche kann kein Totenschein ausgestellt werden, in der Regel. Wir haben alles getan, damit Sie nicht ohne dieses Papier nach Hause gehen, sagten sie uns immer wieder, aber ich hörte sie kaum. Sie hatten in nur drei Tagen Proben von 170 Familien gesammelt, weil sie wussten, wir würden alles für unsere Liebsten tun. Sie hatten nur ihren Job gemacht ... wie jeder Arzt und Genetiker weltweit. Wer interessierte sich schon für die Fracht an Bord. Wenn Menschen sterben, fragst du nicht, wo die Diamanten geblieben sind. Was hätte ich denn getan? Aluminiumfolien und Magnesiumtabletten kamen mir nicht mehr ins Haus. Ich will immer noch irgendwann mein Studium beginnen und Unsinniges vergessen. Marie hatte alles, was familiär und mit deinen Buchrechten zu regeln war, geregelt. Geld war nie mehr ein Problem. Vielleicht wollte sich Nils von diesem Kuchen ein Stück abschneiden. Ich ertrug sein Auftauchen im Hafen mit gleichgültigem Widerwillen, mein Denken wurde zum wiederholten Widerspruch. Ich wollte mich nicht an einen fremden Mann binden, der mir einreden wollte, dass er ein Teil meines Lebens war, er war es nicht. Und doch wusste ich, dass es stimmen könnte. Braucht er mich jetzt, gib mir ein Zeichen, braucht Nils uns? Braucht er deine Forschungsergebnisse? Ich konnte noch nicht an dich denken, ohne bedrängt zu werden. Woran hattest du zuletzt gearbeitet, Aids, Klima, China und wer wusste davon? Wo und durch wen leben deine Erkenntnisse weiter? Jedes Mal, wenn ich hinter mich blickte und den Umriss eines Menschen erkannte, flüchtete ich anfangs davon. Wenn es ein Fremder war, der mich ansprach, redete ich nicht, blickte nicht auf, ich fing an zu laufen, wie ein kleines Kind, das zurück in die Arme des Vaters lief, weil es sich trösten lassen wollte, aber den Vater nicht mehr fand. Ich wollte nur meine Ruhe haben. Unsere Ruhe zuerst, und dann irgendwann wieder meine Ruhe für mich. Das wird Nils verstehen, wenn er dich wirklich liebte, wird er uns respektieren. Darauf vertraue ich. Und wenn er dich liebte, dann ist er ein Teil meines Lebens, und ich werde ihm, Achtung, große Worte, irgendwann verzeihen.
Marie hatte mir gesagt, sie würde Nils treffen, wenn ich einverstanden wäre. Was sollte ich ihr antworten? Ich weiß immer noch nicht, was Marie wirklich weiß oder wissen will. War Nils deshalb so aufgewühlt, weil er dir noch etwas sagen wollte, und jetzt hat er nur mich? Nur uns? Hat er das? Weiß ich noch, wer du wirklich bist? Ich fliege nur noch, wenn es absolut unvermeidbar ist. Ich habe mich an die Schiffspassagen gewöhnt. Selbst meine Abneigung gegen Diamanten wurde mit der Zeit erträglicher. Es wurde mir egal, ob Nils leidet, weil es dich nicht mehr gab. Es ging mich nichts an. Es war nicht mehr unsere Geschichte. Welche Farbe hat der Tod? Blau wie das Meer. Welche Farbe hat die Liebe? Die Sehnsucht. Türkis. Der Tod ist Türkis wie die Liebe. Manchmal verschwamm mir alles.
Es gab Tage und Marie aß nicht. Sie kriegte keinen Bissen hinunter. Es drückte ihr im Hals wie ein Kloß, den man ihr zwischen die Brust geschnallt hatte, und sie atmete immer weniger. Ich zwang mich, richtig zu atmen. Tief und bewusst. Es war eine Last, zu lernen, nie zu wissen. Ich wurde fett vom Sitzen, als ob das alles nicht schon genug wäre.
Ein mächtiger Gedenkstein wurde aufgestellt. Es gab mit den Jahren immer mehr Tage, an denen Nils die Welt außerhalb der Bucht wieder zu erkennen schien. Es gab Abende, und er ging, ohne mit dir geredet zu haben, fast erleichtert wippend wieder von den Klippen nach Haus. Nach Hause hieß, zurück in die kleine Ferienwohnung, die ihn seit Jahren beherbergte. Er arbeitete nicht mehr. Ob er Versicherungen verkaufte oder nicht, was soll`s? Er war älter geworden, was nicht allein daran liegen konnte, dass das Wetter hier wilder war, oder er noch nie in seinem Leben so viel an der Luft war ... oder noch nie so viel geraucht hatte. Auch Maries Haare verloren ihre natürliche Farbe. Sie zog sich immer noch einzelne graue Strähnen aus, färben kam nicht in Frage. Nicht jetzt. Marie ertrug keine Kosmetik. Manche Frauen schnitten sich als Zeichen der Trauer ihr Haar ab. Das hatte sie nicht getan. Es sind deine Haare, weil deine Hände darin lagen und sie streichelten. Es sind deine Haare, weil sie an deinem Schweiß klebten. Marie war müde. Sie war noch nie in ihrem Leben so müde. Ihr Herz ist sogar mir zu schwer geworden. Ich müsste mir eine Gefühlsdiät verordnen, es wiederholt sich ja doch alles. So ein Regler, der nur neue Gefühle hineinlässt, aber keine Litaneien akzeptiert. Das sollte ich noch erfinden. Zu Weihnachten bekam Marie von mir eine Statue von Bruno Catalano. Die Reisenden mit den magischen Lücken. Auch eine Form von vollendetem Ausdruck ...
Dein altes Fernglas hatte ich zu dir ins Meer geworfen, als Nils Marie zum ersten gemeinsamen Ice Cider einlud ... und Mutter glatt zusagte. Sie hatte dein Hemd angezogen, Max. Sie liebt diese Farbe. Sie hatte es nie gewaschen. Du hattest es ihr gelassen, wie immer, wenn du auf Reisen gingst. Du hattest Marie immer ein getragenes T-Shirt oder Hemd ins Bett gelegt. Das türkisfarbene Hemd hatte sie dir für die Reise geschenkt. Es gibt eine Mutter, die hat ihren einzigen Sohn verloren. Sie kommt nicht. Er ist auch nicht hier. Jeder geht seinen Weg. Was sind schon 19 Jahre, seit es dich nicht mehr gibt? Mein Brief-Beschwerdebüro floriert. Nils wahre Vergangenheit steht in den Sternen wie der nächste Brandsatz. Dinge ändern sich schnell. Nils konnte wohl nicht anders, als hier zu sein, aber wie geht Verzeihen? Vielleicht ist das das Letzte, was du uns wünschst? Vielleicht ist auch das deine größte Angst geblieben, dass du nicht mehr sagen konntest, wie es wirklich war? Wer wir wirklich sind? Manchmal wollte ich sagen können, ich höre dich, ich weiß, ich weiß alles, was du mir noch hättest sagen wollen, es ist gesagt, es ist alles da und gut, sei beruhigt, du kannst ruhig gehen, geh in Frieden, mach´s gut, und ich wünschte mir nur eins, du mögest meine Gedanken spüren, wie sie zu dir wandern. Es ist gut, schreit mein Herz nicht mehr, es flüstert auch nicht, es ist gut … ungesagt.






** WWW für öffentliche Nutzung freigeschaltet. /

* Im September 1998 endete der Swissair-Flug 111 von New York nach Genf vor Halifax/Nova Scotia im Atlantik. Die Figuren des vorliegenden Textes „Halifax“ sind frei erfunden.

Im Gedenken.


Zwischen die Gedanken über den Verlust streut M. S. Rose Fakten und schafft somit Distanz zum emotionalen Geschehen. Dennoch sind Trauer und Verlust immer spürbar. (Berner Zeitung)

3
Dez
2016

DER PREIS DER PIPELINE

approachbymelsr

Der Preis der Pipeline

In behausten Ruinen
Wütet kein Staunen mehr

Kinder wuchten Kilometer
Für ein neues Lachen
Ohne Halt

Pläne jagen Geblendete
Für ein neues Konto
Mit Gewalt

In verratenen Armen
Tobt kein Reich mehr

Nahtlos reiht sich
Hunger an Geschütz

Wo Zukunft in Fetzen
Durch Trümmer zittert
Strömen Öl und Gas
Milliardenschwer
Unter dürrem Land

Nur der Sand treibt
Würdevoll zum Licht



________________

19
Mai
2016

Some Balkan Blues

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Als wir durch die Stadt fuhren, strich Nika mit ihren Fingern über die Autoscheibe, als ob sie Worte und Farben auf die Ruinen malte. Sie tünchte das zerbombte Grau in blau und weiß. Überall malte sie auf den zerstörten Stein den Himmel. Ich war hellwach.
EUFOR-Soldaten sammelten auf einem großen Parkplatz illegale Waffen ein. Wo Zerrissenheit herrscht, taugen die eigenen Leute nicht zum Vorbild. Sanija redete, sie sang, sie rauchte. „Wer fragt dich schon, ob du bereit bist“, sagte Sanija. „17 Tage bin ich nur kriechend durch die Wohnung, weil wir genau in der Schusslinie lebten, und jeden Tag nur Pasta. Glücklich, wer noch Soße hatte." (aus: Some Balkan Blues)

********



War Cuts: Stradun

angelindubrovnikbymelsroseD

Die Stadt steht ja noch, so schlimm kann´s nicht gewesen sein, sagen die Touristen, die mich fragen, für welchen Film diese Kulisse gebaut wurde.
Der kalte Nordwind fegt zermürbend über das Meer und die fast leeren Gassen.
An den alten Toren hängen wieder die Lorbeerbögen mit Mandarinen. Seit zwei Tagen schon gedenkt man unserer Verteidiger.
Iren oder Amerikaner, sie kaufen lustige bunte Engelsfiguren und erkundigen sich nebenbei, wo man noch Kriegsspuren sieht.
Seit du weg bist, fühle ich mich nur noch lebendig, wenn ich wie jetzt jeden Tag Stradun auf und ab schreite. Wobei es mir egal ist, ob es stürmt und wie voll die große Straße gerade ist und überhaupt, wer mich anspricht.
An einer der schmalen Säulen im Kreuzgang vom Kloster der Brüder egal welcher Sorte, ich komme durcheinander, Dominikaner, Franziskaner, hier prangen drei Köpfe, aber das wissen die wenigsten, in Stein gemeißelt, in der Mitte die Frau, umrankt von zwei Mönchen. Aber nicht jeder kann die Stimmen der Steine hören.
Gestern Nacht spielten wieder die Pärchen im Meer am alten Hafen. Denis hatte oft Proben mit dem Orchester und er zeigte mir beim Fort das Loch in der Mauer, wo man am besten nicht sagt, was man wirklich hört. Ich sah nur ihre küssenden Schatten. Silhouettenschwüle, obwohl es Winter ist, das Meer nachts zu kalt für ein Bad.
Bei Bura fliegen manchmal Fische hoch über die alten mächtigen Stadtmauern bis auf den Marktplatz mit seinen akkuraten Häuserfassaden, wo ich jeden Tag vorbeigehe und mich die Freiheit vom Sockel grüßt, als ob nichts wär.
Heute mal kein Regen. Wenigstens das.
Auf der breiten Jesuitentreppe, wo man aufpassen muss, dass man nicht stolpert, die Stufen sind längst nicht alle repariert, läuft eine Frau mit deinem Kleid. Ich hatte es dir geschenkt. Es spielt mit deinen Hüften, der Wind wiegt den Saum, deine Hand, ihre Hand steckt die Brille hoch durch die blonden kurzen Haare.
Am Rolandsockel hockt eine Touristin allein auf den Stufen mit schwarzer Sonnenbrille. Sie trägt dein Shirt, das mit den Trägern, die dünnen, die gleichen offenen flachen Schuhe.
Ein kleines Mädchen am Glockenturm trägt deinen breiten roten Hut. Einer der unzähligen dünnen ausgesetzten Hunde, die hier immer allein rumlaufen, läuft auch heute allein über die Straße mit hängender Zunge. Der Hund schaut durch ein Kirchengeländer. Wir warten beide.
Denis trug seine schwarze Fischermütze das ganze Jahr, auch in seiner Bar. Auch morgens um vier bekam ich hier Jazz und ein gutes Bier.
Er fragte mich nicht. Er kannte dich. Ich muss nichts mehr sagen. Denis ist weg. Es ist mir egal, wie die Leute heißen, irgendein Gesicht, oder immer ein anderes, ich kriege hier zwei Gläser, zwei volle Gläser, das eine rühre ich nie an.
Ich zähle die Gurken auf dem Markt, wo Kate kauft. Immer trägt sie schwarz. Sie lebt immer noch mit ihrer Tochter zusammen. Čubranovićeva. Gasse an Gasse, Fenster an Fenster, Zimmer, Zimmer, ruft sie jeden Tag. Kate kocht gut und hat fast das ganze Jahr über ein volles Haus. Die Saison wird mit den großen Schiffen immer länger. Die Zwiebeln, die Tomaten, die Blumen, die Feigen, die Tauben. Ich zähle die Tage, seit du weg bist.
Ich trage dein weißes Hemd. Die Hände hinter dem Rücken ineinander gefaltet. Deine Hand in der meinen. Mit oder ohne Touristengaffen. Asiaten und Afrikaner sieht man hier seltener.
Wenn die kleinen feierlichen Lichter an den Häusern wie funkelnde Goldketten ins Schwarze leuchten. Ich trage deine Tasche über meiner Schulter. Sie kann mir gar nicht schwer genug sein ...

dub1-21bymelsrose

Široka. Das ist die Straße, die am meisten wehtut. Ich höre deine Schreie, diese Flammen, das Knallen hab ich noch im Ohr, ich sehe unsere brennende Wohnung, die Bücher. Hinter jeder Säule, jeder einsamen Häuserecke könnten wir ineinander versunken stehen.
Manche Säulen weisen in den Himmel.
Wenn du mich suchst, ich bin im Lichthof, dort im verschnörkelten Rektorenpalast, der damals schon das große Erdbeben überstand, als die überlebenden Diener ihren vergrabenen Herren noch den letzten Schmuck von den Händen rissen, wo wir zusammen, seit wir 14 waren, die besten Konzerte hörten im Sommer beim Festival, wo die Klänge einfach frei nach oben ziehen.
Nach dem großen Beben durfte hier nur noch akkurat und grad gebaut werden. Was nützt das schon.
An einigen Säulen kleben Engel.
Mancher Engel wird von einem Hund geküsst. Aber die Engel wenden ihre Köpfe. Wen wundert das noch.
Die Tomaten werden vom Markt durch die engen Gassen der Altstadt in die Küchen getragen, Konoba für Konoba, in die Hotelketten nach Babin Kuk und Lapad zu den Neubauten, wo das neue Leben tobt, in Kisten, hoch auf einer Hand. Ich trage dich.
Die Steine in der Altstadt werden mit Wasserstrahl geputzt. Manchmal fällt ein Lichtstrahl durch einen der drei Torbögen. Wie eine Einladung.
Die Tore bleiben Tag und Nacht offen. Vielleicht gehst du gerade wieder hinter mir. Vor mir. Nah bei mir. Ich könnte mich hinunterstürzen. Ein harmloser Spaziergang, um Stradun von oben zu sehen. Von den Bollwerken hinab ins Meer, das mir nirgends klarer scheint als hier. Deine Augen spiegelten das Meergrün. Ich gehe weiter. Ich wäre nicht der einzige im freien Flug, was mir nicht angemessen scheint.
Glaubst du an Gott, hattest du mich am neuen Hafen gefragt. Glücklich, wer noch glauben kann, hattest du gesagt.
Die Zypressen in den Parks sind nicht größer geworden, aber ich finde sie unerträglich groß. Als ob sie dir näher sind.
Die Mandarinen sind üppig und weich. Ich sehe deinen Pullover. Dein Haar. Die Lorbeerzweige gebunden zu Bögen über den Stadttoren. Die Pflastersteine klingen harmlos im Dreivierteltakt, ich kann keine moderne Musik mehr ertragen, nur noch leise Ordnung und Disziplin, seit ich dich nicht mehr höre.
Die Steine werden zu Wellen, als ob ich durch Wasser laufe, aber ich rutsche nicht aus. Nicht mal das. Du hältst mich doch. Stein für Stein. Sturm für Sturm.
Die verkitschten Kreuzfahrtschiffe, die aussehen wie Städte, kommen und gehen. Das Meer wird immer dreckiger.
Die Uhr steht immer noch auf halb sechs, oder schon wieder. Nackte Füße, deine Füße laufen über die Steine, oder sind es meine.
An der schmalen Buchhandlung vorbei, wo die Bücher vom Boden bis zur Decke gestapelt stehen und, wenn hier mal Regen reinläuft, in Sekunden im Wasser stehen. Was ist schon Zeit. Der Schnee bleibt hier ja doch nicht liegen. Er tanzt hinauf durch die Luft und verschwindet, während die Zeitungen vom Winterchaos schreiben. Die Straßen sind laut. Eine schwangere Braut steigt die Stufen zur Blasiuskapelle hinauf, auf dem Hochzeitswagen vorn die Flagge. Kinder singen für Sveti Nicolo. Ich kann, seit du weg bist, kein Feuerwerk mehr ertragen. Meine Ohren brennen. Ich sehe dich in jedem Mantel, egal welche Saumlänge, auch wenn du nie solche Mäntel hattest, es könnte doch sein.
Ich zähle die Schritte. Ich übersehe die Fotokameras.
Früher fuhren auf der großen Straße Schiffe durch den Kanal.
Auf dem alten Pflaster kleckst sich Eis und Erbrochenes friedlich aneinander, ich rieche den Schweiß deiner Haut. Um sechs Uhr tönt das Glockenspiel durch mein Herz.
Ich dachte, Denis lag tot am Roland. Aber Denis wurde am östlichen Stadttor gefunden. Ich hatte mich jahrelang geirrt und immer den falschen Ort gemieden. Ich höre dich, Andrina. Oder war es Denis.
Als ich mit dir nach Hause kam, stand dein Vater vor mir und sagte, wir haben Stromausfall. Wie entgeistert schaute ich ihn an. Sein roter Pullover passte nicht zum Orange unseres Mandarinenbaums. Ich weiß, Denis liebte dich. Mehr als jeder. Für dich hätte er alles getan. Und nichts kann seither meine Leere füllen, außer Schokolade.
Oft flüchte ich heimlich aus dem Haus und fahre stundenlang mit dem Auto im Kreis. Die Leute sehen gern den Schmerz der anderen.
Es ist eine kleine Stadt. Jeder kennt jeden. Da ist es nicht einfach, traurig zu sein. Wenn bei uns ein Mensch stirbt, ist es üblich die Todesanzeige in der Stadt aufzuhängen. Alle kamen mit Vorschlägen, was man schreiben sollte. Was hinein müsste. Die weißen kleinen Blätter mit schwarzem Rand kleben an allen Säulen und Mauern. Als würden uns die Toten von den Wänden auslachen. Ich konnte die vielen gut gemeinten Vorschläge nicht ertragen. Ich habe alle abgelehnt.
Du lagst sieben Tage im Koma. Ich saß die ganze Zeit bei dir.
Der Arzt sagte zu mir, gehen sie in die kleine Kapelle hinter dem Krankenhaus. Nehmen sie einen Stein. Dort gab es viele beschriftete Steine. Letzte Gedanken. Andrina ist tot. Du warst 18 Jahre alt.
Mehr wollte ich nicht schreiben.
Die Beerdigung findet um 15 Uhr statt.
Ich rauche, ich weine. Ich kann kaum noch essen.
Du solltest dich an diesem Abend für eine Prüfung vorbereiten. Ich hatte dich gebeten zu bleiben. Du sagtest, ich will jetzt leben, und gingst mit deinem Freund spazieren.
Es ist eine steile Straße. Ohne Sicherheit für Fußgänger. Viele Autos stehen an der Seite. Ein Junge aus der Nachbarschaft wird von seiner Mutter an diesem Abend geschickt, um schnell noch im billigen Supermarkt Waschmittel zu kaufen. Er hat keinen Führerschein. Trotzdem lässt sie ihn mit ihrem Wagen fahren. Der warme Wind biegt die Zypressen.
Ein ganz normaler Tag.
Dein Freund blieb unverletzt, der junge Fahrer ebenso. Was ist schon Glück.
Du und deine Freundinnen liebten es, bei Benetton Kleider zu kaufen. Du trägst jetzt sicher die schönsten Benetton-Flügel.
Das ist jetzt 13 Jahre her. Wenn die Mandarinen in unserem Garten orange sind, dann bricht alles wieder auf. Jetzt brauch ich Schokolade. Rote Pullover schmerzen. Das ist schwer.
Du kannst reden und reden, aber arbeiten ist schwer. Wir hatten einen kleinen Laden im Haus, erinnerst du dich. Wir haben Kaffee verkauft und Kuchen. Heute backe ich jeden Tag einen Kuchen. Für mich. Morgen mache ich Diät. Ich habe keine Kontrolle über meinen Bauch. Du lachst.
Nach deinem Tod haben wir das Geschäft aufgegeben. Jetzt vermiete ich Zimmer in unserem Haus. Ich mag es, wenn es laut ist.
Der Sommer ist wunderbar. Geld ist wunderbar. Das gibt Freiheit. Jedenfalls glaube ich das. Wenn ich rauchen will, rauche ich. Wenn ich Auto fahren will, fahre ich. Ich habe den Arzt gefragt, wie kann man danach weiterleben. Wie schafft man das. Sie werden stärker sein, aber sie werden nie mehr derselbe Mensch sein. Er schaute mich an und sagte, heute ist der erste Tag ihres zweiten Lebens. Das gefiel mir. Tut es immer noch.
Du warst ein kleines Kind, als der Krieg ausbrach. Denis und ich waren Anfang 30. Die besten Jahre, wie man so schön sagt. Mit jeder Dusche erinnere ich mich an diese Zeit. Wir hatten kein Wasser. Ein Jahr lang waren wir ohne Strom. Ich bin mit dir für eine Zeit nach Kopenhagen. Zu meiner Schwester. Sie bat mich, unsere Kekse mitzubringen. Unsere Kekse für Kopenhagen. Ich sagte ihr, wir haben Krieg, wir haben nichts. Ich habe kein Wasser, wie soll ich an Kekse denken.
Auf der Straße haben wir Menschen, die von Snipern erwischt wurden, aus ihrem Blut gezogen, und sind danach essen gegangen. Einfach so.
Du warst ein lebhaftes Kind. Und neugierig. Auf alles wolltest du eine Antwort haben. Du warst unersättlich. Die Tage sind lang im Sommer. Wir wussten nie, wann sie angreifen. Sie waren überall. Auf den Hügeln, im Wald gegenüber von unserer Straße. Siebzehn Tage haben wir in einer Ecke eines Zimmers gehockt. Konnten uns nur kriechend durch die Wohnung bewegen. Für dich war das ein Spiel. Kinder sehen Krieg mit anderen Augen.
Wir konnten dich nicht einsperren. Hinter unserem Haus stand ein alter Schuppen. Dorthin sind wir gezogen. Das war sicherer als in der Wohnung. Du hast mit deinen Freunden Patronenhülsen gesammelt. Die Kinder haben Feuer gemacht und die Hülsen hineingeworfen. Kinder aus der Nachbarschaft haben Gewehre gefunden und sich gegenseitig erschossen.
In diesem Jahr ist ein Mädchen aus deiner Klasse auf eine Mine getreten. Sie wollte Pilze sammeln. Die große Brücke wird oft wegen Wind gesperrt. Der Boiler ist kaputt. Die Stromversorgung bricht immer wieder zusammen. Ich kann verzeihen, aber nicht vergessen, hast du gesagt. Ich musste bleiben.
Ein Mann ist drei ganze Tage lang nur gerudert. In einem kleinen Boot. Von Insel zu Insel. Bis er in Sicherheit war. Wenn er heute durch die Stadt geht, wird er von seinen alten Freunden ausgelacht. Mancher ist als Nonne aufs Schiff. Nur Frauen und Kinder konnten die Stadt verlassen.
Die Hotels waren leer. Und voll mit Flüchtlingen. Wer nicht in sein Haus zurück konnte, lebte im Hotel.
Das Haus deiner Cousine wurde geplündert. Sie hat keine Erinnerungen an ihre Kindheit.
Wie eng die Nachbarn wohnen, dass hinter jedem Fenster das Leben ist und diese Straße wie ein Laufsteg.
Alle hatten Angst.
Wenn ich Kraft brauche, gehe ich in die Altstadt. Ich brauche einen Đir. Einen Spaziergang. Stradun auf und ab. Manchmal frage ich die Touristen, für welchen Film diese Kulisse gebaut wurde.
Als ich mit dir nach Hause kam, fehlten mir die Worte.
Ich hätte deinem Vater mit seinem Stromausfall am liebsten gesagt, nimm mir nicht die Würde meines Schmerzes. Doch dazu war ich nicht in der Lage.
In der Mitte von der großen Straße, die wie ein Platz wirkt, spüre ich die Energie des Wassers.
Wir liebten es, im alten Regenwassersystem zu laufen. Den langen gebogenen Steinrinnen, die sich durch die ganze Altstadt ziehen. Wer darin läuft, wird nicht heiraten. Ein altes Sprichwort. Wir haben viel gelacht. Wenn in der Nacht das Meer rauscht, kann ich das Lachen hören.
Denis sagte, höre auf die Stimme des Meeres. Sie erzählt uns die Geheimnisse des Lebens. Das gefällt mir.
Vom Wasser sieht alles anders aus ... Die Zeit ohne dich lässt mich schwanken ... Ich rudere trotzdem raus ...

17
Mai
2016

Weltkarriere kann man nur in einer Welt machen, die ihre Tore offen hält

Napraviti svjetsku karijeru moguće je samo u svijetu čija su vrata otvorena

New York, Berlin, Tokio, Bürgermeisterwahl und die Welt blickt nach London. Das berühmte Riesenrad „London Eye“ sagt „hello“ zur Welt. Gewählt wurde der Sohn eines eingewanderten pakistanischen Busfahrers und einer Näherin, ein Rechtsanwalt als Bürgermeister für die internationale Finanz- und Kulturmetropole, jung, fesch und weltoffen.
Bundespräsidentenwahl und die Welt blickt nach Österreich. Eine der besten Bühnen der Welt wird attackiert, das mythenumwobene Wiener Burgtheater, Wiege berühmter Künstlerdynastien, Haus der Hörbigers, Shakespearetempel, bekannt als „die Burg“, Garant für wegweisende Kunst, wo die weltbesten Autoren und Regisseure mit Kusshand arbeiten. Der „Angriff“ auf dieses Haus war und ist ein Angriff auf die weltoffene Seele Österreichs.
Was wünschen sich alle, die jetzt noch die Wahl haben, nach der Londoner Bürgermeisterwahl in Österreich im berühmten Prater-Riesenrad bei der aktuellen Bundespräsidentenwahl für die einst kaiserliche Hofburg, für Europa, für die Welt? Nicht schon wieder so ein alter Mann, egal was er kann? Als Bundespräsident muss endlich etwas Jüngeres her und der Kandidat H. ist wenigstens äußerlich jung und fesch und zeigt´ s den Etablierten, wird die Oiden wegputzen und dann endlich österreichisch durchregieren? Neben dem neu gewählten Londoner Bürgermeister muss ein Satz wie „Der Islam gehört nicht zu Österreich“ auch aus einer jungen, feschen Goschn unendlich alt wirken.
Was heißt denn heute österreichisch? Heimat meiner Mutter, Mozart, Kaiserschmarrn, Sacher, Falco, Schwarzenegger, Billy Wilder? Zeigt sich „Made in Austria“ als Weltmarke & Vielvölkerstaat automatisch weltoffen? Romy Schneider wurde in Frankreich zur Schauspielerin des Jahrhunderts gewählt und Christoph Waltz ist in Hollywood „das“ oscarprämierte Aushängeschild Österreichs, beides Kinder aus alten und ehrwürdigen österreichischen Künstlerdynastien und weltweit geachtet. Weltkarriere kann man nur in einer Welt machen, die ihre Tore offen hält.
Was sollte der Weltbürger, Europäer, Londoner bitteschön an sich abschottenden ungarischen Verhältnissen schätzen? Herr Orbán wurde unlängst als „mein kleiner Diktator“ von Herrn Juncker begrüßt. Das junge, fesche und moderne London gilt bereits als Ungarns fünftgrößte Stadt. Warum wohl, wird sich der weltoffene Ungar und der weltoffene Österreicher fragen: Weil Menschen weltweit gerne dort leben und arbeiten, wo sie sich frei fühlen können. Weil das Wiener und das Londoner Riesenrad weltweit Wahrzeichen für weltoffene Kulturen sind.
„I kenn´ die Leut´,
i kenn´ die Ratten,
die Dummheit,
die zum Himmel schreit“.
Die Zeilen von Fendrich kennt in Österreich eh ein jeder. Wählen geht hoffentlich ein jeder auch!

25
Mrz
2016

...

" ...Von ihrer erzählerischen Kraft war ich so angetan, dass ich mich dem Übersetzen ihrer Erzählungen mit einer besonderen Freude gewidmet habe. Ihre Sichtweise und Interpretation der modernen Welt ist für uns in Montenegro eine literarische Entdeckung: In der Welt verschwinden die Grenzen und die Schichten der Kulturepochen – der Mensch bleibt dramatisch einsam, nackt und unbeholfen. Oft hat man den Eindruck, dass ihn nur das Verständnis und die Wärme des literarischen Wortes retten können. Und diese Erkenntnis bietet, wenigstens für kurze Zeit, nicht nur einen künstlerischen, sondern auch einen menschlichen Sinn. Die Suche des modernen Menschen in Roses Werk ist auch die unsere."
Danica Janković, Übersetzerin, Podgorica

"Wie einer Darstellerin auf der Bühne gelingt es ihr, die Zuhörenden in einen Sog zu reißen, aus dem es kein Entrinnen gibt. Mit ihrer ausdrucksvollen Erzählkraft lässt sie Figuren, Orte, Stimmungen vor den Augen der Hörenden entstehen ..." Berner Zeitung
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M. S. Rose

Willkommen! Welcome & Bienvenue!

Willkommen im Bloggarten der Autorin M.S. Rose / Pics (Olympus/Sony) © Texte/Fotos: M.S.Rose. / Kontakt: blues68(at)hotmail.de // ... Wenn enttarnte Tycoone bei einem warmen Essen für die humane Lesson in Share `N Compassion brennen, werden Kulturen von Erpressbaren zu Mangelwaren.

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Zuletzt aktualisiert: 19. Dez, 12:29

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